Tour 1: Jüdisches Leben in Hannover

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Dauer: 00:48
Entfernung: 3,14 km

Jüdisches Leben in Hannover

Mit der Einweihung ihrer ersten frei stehenden Synagoge im Jahre 1870 glaubten die Juden Hannovers, in der Gesellschaft angekommen zu sein. Kaum 70 Jahre später war dieses Gleichheitsversprechen von den Nationalsozialisten zurückgenommen worden, und der Ort der Neuen Synagoge leer.

Der Weg führt vom ZeitZentrum Zivilcourage den Friedrichwall entlang bis zum Friederikenplatz. Zwischen dem historischen Archiv und der Reformierten Kirche biegen wir in die ehemals fürstliche Calenberger Neustadt ein. An der „Meile der Toleranz“ lagen die Reformierte Kirche, die protestantische Hof- und Stadtkirche, die jüdische Synagoge sowie die katholische Kirche St. Clemens – ein Beispiel für die religiöse Duldsamkeit des Welfenhauses.

In der Archivstraße biegen wir durch das „Haus kirchlicher Dienste“ in die Wagenerstraße ein. Vor der ehemaligen Hausnummer 1 erinnert ein Stolperstein an Hermann Federmann als ein junges jüdisches Opfer der NS-„Euthanasie“. In der Roten Reihe erreichen wir den ehemaligen Standort der 1870 eingeweihten Neuen Synagoge mit einer kleinen Gedenkstätte und einer Informationstafel. In der Pogromnacht des 9./10. November 1938 wurde sie von Nationalsozialisten angesteckt und anschließend gesprengt.

Über die Martin-Neuffer-Brücke überqueren wir die Leine und erreichen Am Hohen Ufer den ältesten Teil Hannovers. Hier können sie nach rechts der Hauptroute folgen oder sie machen eine Schleife nach links zur Goethestraße mit Blick in die Lützowstraße auf den Standort des ehemaligen jüdischen Gemeindehauses. Es wurde im Jahre 1875 – kurz nach der Neuen Synagoge – vom bekannten jüdischen Architekten Edwin Oppler entworfen. An Stelle des 1943 abgebrannten Gebäudes steht heute eine banale Hochgarage. Über die Scholvinstraße (Vorsicht: Rotlichtviertel!) kommen sie – vorbei an den Stolpersteinen für die jüdische Bäckersfamilie Bloch – wieder zur Hauptroute Am Hohen Ufer.

Am heutigen Hauptsitz der Ada und Theodor Lessing Volkshochschule stand bis zu seiner Zerstörung 1943 das nach dem NSDAP-Gauleiter Bernhard Rust benannte  „Rusthaus“. In seinem Festsaal wurden im Oktober 1938 fast 500 Juden polnischer Nationalität vor ihrer Abschiebung festgesetzt: Vorspiel zum „Novemberpogrom“. Eine Stadttafel und Stolpersteine  vor dem Historischen Museum erinnern an Herschel Grünspan (auch: Grynszpan) und seine Schwester Esther. Die Schüsse des 17jährigen Juden auf einen deutschen Diplomaten in Paris boten den Nationalsozialisten den Vorwand zum gewaltsamen Pogrom des November 1938.

Die benachbarte Kramerstraße zeigt noch einige Fachwerkhäuser, die den Bombenkrieg überstanden haben. Vor der Hausnummer 19/20 liegen Stolpersteine für Mitglieder der großen Familie Eigermann – wie die Grünspan aus Osteuropa eingewanderte Juden, die im Oktober 1938 gewaltsam aus Deutschland abgeschoben wurden.

Am Marktplatz vorbei und über die Schmiedestraße kommen wir auf die Kreuzung von Seilwinderstraße, Osterstraße und Großer Packhofstraße. Links und rechts von hier lagen die historischen Warenhäuser Hannovers. Vier von ihnen hatten jüdische Besitzer: Nach der rechtlichen Gleichstellung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts spielten jüdische Unternehmer in in der Entwicklung Hannovers eine bedeutende Rolle.

Über den Platz der Weltausstellung und die Ständehausstraße kommen wir zum Opernplatz. Dieser zentrale Ort für das 1994 errichtete Holocaust-Mahnmal musste von einer bürgerschaftlichen Initiative gegen Widerstand in den Leserbriefspalten erkämpft werden. Über 1900 eingemeißelte Namen erinnern an die Deportation und Ermordung der jüdischen Einwohner Hannovers. Eine Tafel informiert über sie und die Entstehung des Denkmals.

Auf der gegenüber liegenden Seite der Georgstraße wohnte in der Beletage des historischen Haus Basse die jüdische Familie Steinitz. Käte Steinitz stand während der 1920er Jahre im Zentrum der künstlerischen und literarischen Moderne Hannovers. In ihrem Salon verkehrte die Avantgarde – bis die Nationalsozialisten dem ein Ende setzten.

Der Weg führt – vorbei am zentralen Denkmal für die Opfer von Krieg und Gewalt in der Ruine der Aegidienkirche – zurück zum ZeitZentrum Zivilcourage.

 

Text: Jüdische Geschichte Hannovers (PDF)