Lange Laube: „Straße der SA“ und Gauleitung

Viele Straßen Hannovers sind nach 1933 nach prominenten Persönlichkeiten des Nationalsozialismus oder zu Ehren von Parteiorganisationen umbenannt worden. Die Bahnhofstraße wurde zur „Adolf-Hitler-Straße“, der Platz vor der Stadthalle zum „Hermann-Göring-Platz“ – und die Lange Laube zur „Straße der SA“. Die Gauleitung der NSDAP stand ganz in der Nähe.

Karl-Dincklage-Haus, Sitz der NSDAP-Gauleitung Süd-Hannover-Braunschweig in der Dincklagestraße (davor: Kurze Straße, jetzt Standort Allianz-Haus). Foto von Wilhelm Hauschild, Juni 1939. HAZ-Hauschild-Archiv im Historischen Museum Hannover
Karl-Dincklage-Haus, Sitz der NSDAP-Gauleitung Süd-Hannover-Braunschweig in der Dincklagestraße (davor: Kurze Straße, jetzt Standort Allianz-Haus). Foto von Wilhelm Hauschild, Juni 1939. HAZ-Hauschild-Archiv im Historischen Museum Hannover

Schlägertruppe der „Kampfzeit“

Die Sturmabteilung (SA) ist die paramilitärische Kampforganisation der NSDAP während der Weimarer Republik und spielt als Schlägertruppe auf der Straße und beim „Saalschutz“ eine entscheidende Rolle beim Aufstieg der Nationalsozialisten. Nach deren Sieg gerät sie in Konkurrenz zur Wehrmacht. Ihre Führungsspitze wird deshalb im Juni 1934 mit Hilfe der SS eliminiert – um einem angeblichen Staatsstreich zuvor zu kommen („Röhm-Putsch“).

Gauleitung: Zentrale der NS-Partei

Ungefähr am Ort des heutigen Allianz-Hochhauses, in der heute nicht mehr bestehenden Dincklagestraße, befindet sich die Zentrale der NSDAP-Gauleitung Süd-Hannover-Braunschweig. Gauleiter sind Bernhard Rust (1928-1940) und Hartmann Lauterbacher (1940-1945). Lauterbacher ist die treibende Person bei der Ghettoisierung der jüdischen Bevölkerung in „Judenhäusern“. Die nach ihm benannte „Aktion Lauterbacher“ ist die Vorstufe zu der im Dezember 1941 beginnenden Deportation der Juden in die Vernichtungslager.

Gauleiter Lauterbacher

Während des Krieges tut sich Lauterbacher als fanatischer Nationalsozialist hervor. In den letzten Jahren und Monaten des Regimes wird er wie alle Gauleiter mit zusätzlichen Funktionen ausgestattet, so ab Oktober 1944 als Verantwortlicher für die Aufstellung des Volkssturms als letztes Aufgebot von Schülern und alten Männern. Im Gegensatz zur Bevölkerung verbringt Lauterbacher die Zeit vor dem Einmarsch der amerikanischen Truppen bombensicher im Gaubefehlsstand, einem Bunker am hannoverschen Schützenplatz. Von hier aus verbreitet er noch eine Woche vor Kriegsende Durchhalteparolen. Unter der Überschrift „Lieber tot als Sklav“ wird gedroht: „Wer dabei nicht mit uns ist (…) wer weiße Fahnen hißt und sich kampflos ergibt, ist des Todes.“

Flucht nach Durchhalteparolen

Wie die meisten Gauleiter zieht er persönlich die Flucht dem Kampf vor. Am 8. April 1945 lässt er sein Auto mit Millionen Zigaretten beladen und setzt sich in den Harz ab – diese seien für die Versorgung der Truppen in der „Harzfestung“ bestimmt. Lauterbacher steht zwar nach dem Krieg mehrmals vor Gericht, wird aber niemals verurteilt. Im Gegenteil setzt er seine Karriere unter geänderten politischen Bedingungen fort. Nach Darstellung des „Spiegel“ arbeitet Lauterbacher in den 1950er Jahren als Kontaktmann für den Bundesnachrichtendienst BND. Zwischen 1977 und 1981 ist der ehemalige Gauleiter und stellvertretende Reichsjugendführer als offizieller Berater des Sultans von Oman in Jugendfragen beschäftigt.

Text
Gauleitung_Hannover (PDF)

Weitere Informationen online

Wikipedia-Beitrag Hartmann Lauterbacher
Wikipedia-Beitrag Sturmabteilung (SA)
Simon Benne /HAZ Was wurde aus Hannovers Nazi-Größen?
LEMO Die NS-Gaue

Literatur: Auswahl

Texte und Bildredaktion: Michael Pechel